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Ländliche Gesellschaft in Tirol im 16. Jahrhundert: Haushalten in unterschiedlichen sozio-ökonomischen Kontexten

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Südtiroler Landesarchiv, Verfachbuch St. Michelsburg 1523

Info

Im Kontext von „500 Jahre Bauernkrieg“ werden die Ereignisse von 1525/26 mit Ausstellungen, Tagungen, Filmen und Publikationen neu aufgearbeitet. Dieses Projekt nimmt nicht die Ereignisse in den Fokus, sondern den breiteren sozial- und wirtschaftshistorischen Kontext des ländlichen Raumes im südlichen Tirol des 16. Jahrhunderts. Im 16. Jahrhundert erfolgten große Veränderungen im ökonomischen und sozialen Bereich, in den Medien, mit der Reformation und im juristischen Bereich mit der Verschriftlichung des Rechts. Wichtige Quellen dazu sind für Tirol auf normativer Ebene die Tiroler Landesordnungen der Jahre 1526, 1532 und 1573 und auf der Ebene der Rechtspraxis die Verfachbücher der Gerichte, die für das südlichen Tirol teils schon für das frühe 16. Jahrhundert überliefert sind.

 Die grundlegende Forschungsfragen des Projektes beziehen sich auf diesen Wandel im 16. Jahrhundert und wie er sich auf die ländlichen Haushalte, auf die Geschlechterbeziehungen, die Arbeitswelt, den Alltag und die materielle Welt der Menschen auswirkte. Wie wirtschafteten Frauen und Männer in Haushalten unterschiedlicher sozio-ökonomischer Kontexte und wie wirkten sich Besitznachfolgepraktiken auf die Lebenschancen von den einzelnen Familienmitgliedern aus? Die dichte Überlieferung der Verfachbücher ermöglicht es, die Mikroebene zu erforschen. Am Beispiel von drei Gerichten und ausgewählten Höfen und Selden werden die materiellen und ökonomischen Kontexte von Haushalten rekonstruiert und die Tätigkeitsbereiche und Einkommensmöglichkeiten von Frauen und Männern erforscht. Methodisch verbindet das Projekt die Ansätze der neueren Haushaltsforschung, der „gender legal studies“ und der materiellen Kultur und Konsumforschung.

Mit Fragen zum konkreten Wirtschaften, zur Organisation und Bandbreite der Tätigkeiten von Frauen und Männern, zu den landwirtschaftlichen Verhältnissen und zu den sozialen Differenzierungen trägt das Projekt zur genaueren Erforschung des umfassenden Themas der Ausgestaltung des ökonomischen Raums der Alpen in der Frühen Neuzeit bei, sowie zur Sozial- und Geschlechtergeschichte des 16. Jahrhunderts allgemein.