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Dissertationsprojekt Kriegsgewalt: Lisa Kirchner zu Gast am Zentrum für Regionalgeschichte

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Lisa Kirchner, BA MA ist für einen Forschungsaufenthalt von Oktober bis Dezember 2024 zu Gast am Zentrum für Regionalgeschichte. Sie ist DOC-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Institut für Geschichte der Universität Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Frauen- und Geschlechtergeschichte des 20. Jahrhunderts, Selbstzeugnisforschung sowie Gewaltgeschichte der beiden Weltkriege. Aktuell arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt „Zwischen Schreiben und Schweigen – Gewalterfahrungen in Tagebüchern und autobiografischen Texten des Ersten Weltkrieges (Österreich-Ungarn)“, das von Christa Hämmerle (Universität Wien) und Oswald Überegger (Zentrum für Regionalgeschichte) betreut wird.

 

Das Dissertationsprojekt von Lisa Kirchner beschäftigt sich mit Gewalt gegen Zivilist:innen in Selbstzeugnissen des Ersten Weltkrieges. Der Fokus liegt dabei auf Kriegstagebüchern und Erinnerungsberichten deutschsprachiger Mannschaftssoldaten sowie Nichtkombattant:innen, die etwa als medizinisches oder geistliches Personal für die k. u. k. Armee arbeiteten, und deren Stimmen lange nur eine marginale Rolle in der österreichischen Erinnerung an den Ersten Weltkrieg spielten. In ihren Aufzeichnungen berichten sie in unterschiedlichem Ausmaß und auf vielfältige Weise über diverse Gewaltformen gegen Zivilist:innen in den verschiedenen Kriegs- und Besatzungsgebieten des Ersten Weltkrieges, etwa von der Zerstörung von Dörfern über Plünderungen, Flucht und sexuelle Gewalt bis hin zu Hinrichtungen. Im Rahmen des Projektes geht es um die Analyse der diskursiven Bahnen, in denen sich diese Aussagen in ihren Selbstzeugnissen bewegen: Über welche Gewaltformen wird überhaupt geschrieben? Was und wie berichten sie? Welche Narrative und Deutungs- bzw. Rechtfertigungsmuster entwickeln die Autor:innen in ihren Aufzeichnungen? Wie stellen sie beteiligte Gewaltakteur:innen, v. a. Täter und Betroffene, dar? Das Projekt untersucht insbesondere auch die diskursiven Grenzen des Sag- bzw. Schreibbaren über Gewalt gegen Zivilist:innen, was wiederum die Frage aufwirft, wie sich mit diesem (Ver-)Schweigen der österreichisch-ungarischen Kriegsteilnehmer:innen analytisch umgehen lässt.